OLG Karlsruhe 24.10.2018, 6 U 65/18

AfD-Tweets über RNZ: Meinungsäußerung oder falsche Tatsachenbehauptung?

Die Rhein-Neckar-Zeitung GmbH hat keinen Anspruch gegenüber dem AfD Kreisverband Heidelberg auf Unterlassung eines Tweets über die RNZ ("die RNZ GmbH unterstütze die Antifaschistische Initiative Heidelberg"). Bei der angegriffenen Aussage handelt es sich nicht um eine Tatsachenbehauptung sondern um ein pauschales Werturteil und damit um eine Meinungsäußerung.

Der Sachverhalt:

Die Klägerin ist die Rhein-Neckar-Zeitung GmbH, die Beklagten sind der AfD Kreisverband Heidelberg und dessen Schatzmeister. Die Klägerin beantragte, die Beklagten zur Unterlassung der Aussage zu verurteilen, "die RNZ GmbH unterstütze die Antifaschistische Initiative Heidelberg". Diese Aussage hatte der Schatzmeister des Kreisverbandes in einem Beitrag auf seinem Twitter Account verbreitet, zusammen mit weiteren Behauptungen und einer Videosequenz, in der die Aussage wiederholt wurde.

Das LG wies den Antrag der zurück. Es handele sich bei der angegriffenen Äußerung um eine wertende Meinungsäußerung, die dem Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit gem. Art. 5 GG unterliege. Dagegen wendet sich die Berufung der Klägerin. Bei der Aussage, die RNZ unterstütze die Antifaschistische Initiative Heidelberg (AIHD), handele es sich um eine Tatsachenbehauptung, die objektiv falsch und diffamierend sei.

Die Berufung hatte vor dem OLG keinen Erfolg.

Die Gründe:

Bei der angegriffenen Aussage handelt es sich nicht um eine Tatsachenbehauptung sondern um ein pauschales Werturteil und damit um eine Meinungsäußerung. Diese sind weitgehend durch das Recht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 GG) geschützt, während unwahre Tatsachenbehauptungen unzulässig sind.

Eine konkret greifbare Tatsache, was mit der behaupteten "Unterstützung" gemeint sein soll, lässt sich der Äußerung nicht entnehmen. Die Aussage wurde außerdem im Zusammenhang mit weiteren, klar wertenden Aussagen getroffen, so dass die Äußerung insgesamt als pauschales Werturteil, also eine Meinungsäußerung, zu beurteilen ist. Insofern brauchte hier auch nicht darüber entschieden werden, ob die Äußerung wahr oder unwahr ist.

Bei der bei Meinungsäußerungen vorzunehmenden Abwägung des unternehmerischen Persönlichkeitsrechts der Klägerin gegen das Interesse der Beklagten an der freien Rede überwiegt das Interesse der Beklagten. Ein Ausnahmefall, in dem auch eine Meinungsäußerung unzulässig ist, liegt nicht vor. So ist die Grenze zur sog. Schmähkritik - also einer Äußerung, bei der die Diffamierung der Person nahezu alleiniger Inhalt ist – nicht überschritten. Auch in ihrer Pauschalität ist der Unterstützungsvorwurf nicht vorranging auf eine Diffamierung der Klägerin gerichtet. Für den Erhalt der wichtigen Funktion der Presse im demokratischen Staat als Wachhund der Öffentlichkeit ist es im Übrigen unabdingbar, dass auch Missstände bei der Presse Gegenstand der öffentlichen Diskussion sein können. Ob die geäußerte Kritik berechtigt ist, ist für den Schutz der Meinungsäußerung nicht entscheidend.

Bei der Abwägung war auch zu berücksichtigen, dass die Beklagten eine konkrete Berichterstattung - nämlich den Hinweis in der RNZ auf eine (Gegen-)Veranstaltung der AIHD bei gleichzeitigem Hinweis auf die anstehende Veranstaltung der AfD - als Grund für ihre umstrittene Äußerung nennen. Für die Zulässigkeit des vorliegenden Werturteils ist der Tatsachenkern - die RNZ berichtet über eine Veranstaltung der AIHD - hinreichend.


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 06.11.2018 14:54
Quelle: OLG Karlsruhe PM vom 5.11.2018

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