Aktuell in der AfP

Auf dem Weg zu einem Presseauskunftsgesetz des Bundes? (Gärditz, AfP 2019, 281)

Erneut wurde im Bundestag aus den Reihen der Opposition der Vorstoß unternommen, ein Presseauskunftsgesetz des Bundes zu schaffen, um derzeit unmittelbar auf die Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) gestützte Auskunftsansprüche gegen Bundesbehörden gesetzlich klar zu normieren. Der Beitrag zeigt, dass der Bund über keine Gesetzgebungskompetenz für dieses Projekt verfügt. Auch in der Sache wären sektorale Ansprüche in einzelnen Fachgesetzen vorzugswürdig.


I. Presseauskunftsrecht gegen Bundesbehörden als Annexkompetenz des Bundes?

1. Missglückte Rechtsprechungslinie des BVerwG

a) Presserecht als Landesrecht

b) Keine Annexkompetenz

c) Kein Organisations- oder Verfahrensrecht

2. Keine Mosaikkompetenz

3. Grundrechtsunmittelbare Auskunftsansprüche als Behelfslösung

4. Keine Aussicht auf verfassungsgerichtliche Klärung?

II. Regelungsoptionen

1. Nachteile eines ungeregelten Zustands

2. Harmonisierung des Informationsrechts

3. Stärker differenzierte Regelung

III. Perspektiven
 

I. Presseauskunftsrecht gegen Bundesbehörden als Annexkompetenz des Bundes?

Im Deutschen Bundestag wurde jüngst erneut der Vorstoß unternommen, eine derzeit (vermeintlich) bestehende Regelungslücke zu schließen und ein Presseauskunftsgesetz des Bundes zu verabschieden, das Auskunftsansprüche von Journalistinnen und Journalisten gegen Bundesbehörden regelt. Hintergrund des Vorstoßes ist eine missglückte Rechtsprechungslinie des BVerwG.

1. Missglückte Rechtsprechungslinie des BVerwG

Das BVerwG hatte sich in einer Entscheidung aus dem Jahr 2013 zu der – für die meisten Beobachter überraschenden – Auffassung durchgerungen, dass die Standortländer durch ihre Pressegesetze den Bundesnachrichtendienst (BND) nicht zu Auskünften gegenüber der Presse verpflichten könnten, weil ihnen hierzu die Gesetzgebungskompetenz fehle. Demgegenüber schließe die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes zur Regelung der Sachmaterie „Bundesnachrichtendienst“ (nämlich die „auswärtigen Angelegenheiten“ nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 1 GG) als Annex die Befugnis ein, Voraussetzungen und Grenzen zu regeln, unter denen der Öffentlichkeit einschließlich der Presse Informationen erteilt werden dürften. Das Gericht begründete dies damit, „dass die öffentliche Zugänglichkeit der dort vorhandenen Informationen die gesetzliche Aufgabenerfüllung beeinflussen“ könne. Der notwendige Ausgleich zwischen Transparenz- und Vertraulichkeitsinteressen müsse daher – wie im Rahmen des Informationsfreiheitsrechts – „von dem für die Sachmaterie zuständigen Gesetzgeber in enger Abstimmung auf die Sach- und Rechtsstrukturen der betroffenen Materie und deren spezifische Problemlagen und Regelungsnotwendigkeiten vorgenommen werden“.

Landespressegesetzliche Auskunftsvorschriften seien vor diesem Hintergrund verfassungskonform dahin auszulegen, dass der BND nicht zu den verpflichteten „Behörden“ zähle. Diese Rechtsprechung ist mit Recht auf breite Ablehnung gestoßen, wurde aber inzwischen wiederholt bestätigt und auch auf andere Bereiche bundesbehördlicher Tätigkeiten ausgedehnt, etwa auf die Verwaltung des Bundesliegenschaftswesens durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben aus einer Kompetenz kraft Natur der Sache, auf den Deutschen Bundestag in seiner Parlamentsfunktion im Hinblick auf die Gesetzgebungskompetenzen aus Art. 38 Abs. 3, 48 Abs. 3 Satz 3 GG oder auf die Personalaktenverwaltung von Bundespersonal nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 8 GG. Damit liegt es nach dieser Auffassung am Bund, Presseauskunftsansprüche gegenüber Bundesbehörden gesetzlich zu regeln. Anfänglich hat selbst die fachgerichtliche Rechtsprechung dem BVerwG explizit die Gefolgschaft verweigert, in der Folgezeit aber – teils eher resignativ als aus Überzeugung – den Widerstand hiergegen aufgegeben, nachdem das BVerwG ungeachtet der aufgegriffenen Kritik an seiner Rechtsansicht festgehalten hatte. Gleichwohl vermag die Ansicht des BVerwG nicht zu überzeugen.

a) Presserecht als Landesrecht

Es ist weitgehend unstreitig (und wird auch vom BVerwG ausdrücklich anerkannt), dass presserechtliche Auskunftsansprüche nach der (...)
 


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 16.08.2019 13:49
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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