Aktuell in der AfP

Zum Verhältnis von Datenschutzrecht und zivilrechtlichem Äußerungsrecht (Lauber-Rönsberg, AfP 2019, 373)

Das Verhältnis zwischen dem Datenschutzrecht und dem Äußerungsrecht wurde nach früherer Rechtslage maßgeblich durch die sog. Medienprivilegien und die Subsidiarität des BDSG a.F. gegenüber dem KUG geprägt. Seit Anwendbarkeit der DSGVO ist unklar, in welchem Umfang Art. 85 DSGVO den nationalen Gesetzgebern Handlungsspielräume einräumt und ob die Regelungen des KUG und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts weiterhin Anwendung finden.

I. Einleitung

II. Unterschiede zwischen Datenschutz- und  Äußerungsrecht

III. Frühere Rechtslage

IV. Rechtslage unter der DSGVO

1. Datenverarbeitungen zu journalistischen, wissenschaftlichen, künstlerischen und literarischen Zwecken, Art. 85 Abs. 2 DSGVO

2. Datenverarbeitungen (auch) zu anderen Zwecken, Art. 85 Abs. 1 DSGVO

V. Anpassungen im nationalen Datenschutz- und  Äußerungsrecht

1. Datenverarbeitungen zu journalistischen Zwecken

a) Regelungen im Landesmedienrecht

b) Regelungen im Äußerungsrecht

aa) Erforderlichkeit einer expliziten Anordnung der Fortgeltung?

bb) Verstoß gegen die Notifizierungspflicht?

cc) Innerstaatliche Gesetzgebungskompetenz?

dd) Vereinbarkeit mit den Vorgaben des  Art. 85 Abs. 2 DSGVO?

2. Datenverarbeitungen zu künstlerischen Zwecken

a) Regelungen im Landesdatenschutzrecht

b) Äußerungsrechtliche Vorgaben

3. Datenverarbeitungen im Rahmen nicht-journalistischer Kommunikationsvorgänge

a) Szenario 1: Art. 85 Abs. 1 DSGVO als  Öffnungsklausel

b) Szenario 2: Art. 85 Abs. 1 DSGVO nicht als  Öffnungsklausel

VI. Fazit und Schlussfolgerungen
 

I. Einleitung

1 Wenn eine Medienberichterstattung, ein Blogbeitrag, ein biographischer Roman oder ein Film auf reale, lebende Personen Bezug nehmen und zumindest ein Teil der Adressaten die Angaben auf konkrete Personen zurückführen kann, dann ist grundsätzlich sowohl der sachliche Anwendungsbereich des Äußerungsrechts als auch des Datenschutzrechts eröffnet, da es sich um eine Verarbeitung personenbezogener Daten (Art. 2 Abs. 1 DSGVO) und zugleich um einen Eingriff in das Recht am eigenen Bild gem. § 22 KUG bzw. das allgemeine Persönlichkeitsrecht handelt.

2 Da die genannten Äußerungen einerseits die Rechte der betroffenen Person (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 EMRK, Art. 7, 8 GRC) berühren, andererseits aber durch die Kommunikationsfreiheiten sowie der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 1, Abs. 3 GG, Art. 10 EMRK, Art. 11, 13 GRC) geschützt werden, wirft dies die Frage auf, ob sich die rechtlichen Rahmenbedingungen für solche Kommunikationsvorgänge, die zugleich einen Ausgleich im Sinne einer praktischen Konkordanz zwischen den kollidierenden Rechtspositionen schaffen müssen, aus dem Datenschutzrecht oder dem zivilrechtlichen Äußerungsrecht oder beiden Regelungsregimen ergeben.

II. Unterschiede zwischen Datenschutz- und Äußerungsrecht

3 Die Entstehung des privatrechtlichen Äußerungsrechts – des KUG von 1907 und des im Jahr 1954 vom BGH anerkannten zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts – war u.a. eine Reaktion auf die Entwicklung moderner Medientechnologien wie der Fotografie. Auch das Datenschutzrecht entstand als Reaktion auf technische Entwicklungen in den 1970er Jahren, als die Informationstechnologie die Verarbeitung großer Datenmengen ermöglichte.

4 Hinsichtlich der Voraussetzungen, unter denen eine Datenverarbeitung bzw. Verwendung von Persönlichkeitsmerkmalen rechtmäßig ist, ist mittlerweile eine Konvergenz des Datenschutz- und des Äußerungsrechts festzustellen. Anders als das BDSG a.F., das nur eine sehr begrenzte Anzahl von Erlaubnistatbeständen für ...

 


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 21.10.2019 10:43

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