LG Köln v. 12.11.2020 - 14 O 163/19 (nicht rechtskräftig)

Online-Portal darf Stellungnahme des BfR zum Herbizid Glyphosat weiterhin veröffentlichen

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat keinen Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung einer Stellungnahme über die Gesundheitsrisiken des Pflanzenschutzmittels Glyphosat gegenüber dem Online-Portal FragDenStaat.

Der Sachverhalt:
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), das dem Bundeslandwirtschaftsministerium untersteht, hatte eine sechsseitige Stellungnahme abgegeben, wonach Glyphosat "wahrscheinlich krebserregend für den Menschen" sei. Diese Aussage hatte sie auf ein Gutachten der Internationalen Agentur für Krebsforschung gestützt. Das Online-Portal FragdenStaat hatte diese Stellungnahme vom BfR angefordert und zugesendet bekommen. Der Stellungnahme beigefügt waren generelle Hinweise zum Urheberrecht, die eine Verwendung allein zum Privatgebrauch vorsahen und für die Veröffentlichung ein vorheriges schriftliches Einverständnis des Urhebers vorschrieben.

Dennoch veröffentlichte das Online-Portal die Stellungnahme auf seiner Webseite. Die BfR mahnte den Betreiber des Online-Portals daraufhin ab. Einem Antrag im Einstweiligen Rechtsschutz auf Unterlassung der Veröffentlichung gab das LG Köln zunächst statt (Beschluss vom 19.03.2019, 14 O 86/19), hob die Einstweilige Verfügung mit Urteil vom 04.07.2019 jedoch wieder auf.

Das BfR hat daraufhin Unterlassungsklage beim LG Köln eingereicht, um die Hauptsache weiter zu verfolgen.

Die Gründe:
Das LG Köln hat die Klage abgewiesen. Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG zu.

Der Beklagte handelte mit Veröffentlichung der Stellungnahme nicht rechtswidrig. Er kann sich vielmehr auf sein Zitatrecht nach § 51 UrhG berufen. Die Schranke des Zitatrechts setzt voraus, dass ein Werk durch den Berechtigten bereits veröffentlicht wurde. Veröffentlicht im Sinne von § 12 Abs. 1 UrhG ist ein Werk, wenn es mit Zustimmung des Berechtigten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist (§ 6 Abs. 1 UrhG). Mit positiver Verbescheidung des Beklagtenantrags auf Zusendung der Stellungnahme basierend auf den Regelungen des IFG hat der Kläger die Stellungnahme im Sinne des § 12 UrhG veröffentlicht. Aus der damit im Ergebnis voraussetzungslosen Zugangsgewährung folgt auch die Zustimmung zur Veröffentlichung durch den Berechtigten.

Der Zusatz in dem Bescheid, dass Veröffentlichungen der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Klägers bedürfen, ist insoweit irrelevant. Denn dieser Zusatz konterkariert die gesetzgeberischen Ziele des IFG. Ein rein persönlicher Gebrauch durch den Beklagten steht im Widerspruch zur gesetzlichen Zielsetzung des IFG, nach der die Beteiligungsrechte der Bürger verbessert werden und eine kritische Auseinandersetzung mit behördlichen Entscheidungen gefördert werden sollen.

Ferner ist die Stellungnahme des Klägers, spätestens mit Veröffentlichung der Allgemeinverfügung im Bundesanzeiger, als amtliches Werk im Sinne des § 5 Abs. 2 UrhG zu qualifizieren.

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 20.11.2020 09:38
Quelle: Dr. Karolin Nelles LL.M., Kanzlei Schindhelm Frankfurt a.M.

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