OLG Stuttgart, 28.05.2019, 4 U 180/17

Amtsblatt der Stadt Crailsheim im Einklang mit dem Gebot der Staatsferne

Soweit das Amtsblatt einer Stadt nur punktuell und nicht in seiner Gesamtbetrachtung ein funktionales Äquivalent zu einer privaten Zeitung darstellt, liegt kein Verstoß gegen das Gebot der Staatsferne vor.

Sachverhalt
Die Klägerin ist ein privates Verlagsunternehmen. Sie hatte die Stadt Crailsheim auf Unterlassung des Vertriebs eines kostenfreien Amtsblatts verklagt, das nach ihrer Auffassung in den streitgegenständlichen drei Ausgaben gegen die Marktverhaltensregel einer staatsfernen Presse verstieß: In den Ausgaben befanden sich unter anderem Artikel mit Kirchen- und Vereinsnachrichten, zur Städtepartnerschaft, zu Veranstaltungen der Volkshochschule sowie zur Flüchtlingssituation in der Stadt Crailsheim.

Das LG Ellwangen hatte der Klage überwiegend stattgegeben, lediglich einen Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Veröffentlichung von Kirchen- und Vereinsnachrichten im Amtsblatt abgelehnt. Die Klägerin hat hiergegen Berufung eingelegt, die Beklagte Anschlussberufung. 

Die Gründe
Das OLG Stuttgart hat den Unterlassungsanspruch der Klägerin vollumfänglich abgelehnt: Gemäß der BGH-Rechtsprechung ist es gestattet, in kommunalen Medien über die Verwaltungstätigkeit zu berichten und aktuelle Themen aufzugreifen. Derartige Berichte dürfen aber in ihrer Ausgestaltung nicht presseähnlich sein. Es hat insoweit eine wertende Gesamtbetrachtung der vollständigen Ausgabe im Hinblick darauf stattzufinden, ob das Amtsblatt ein Pressesubstitut darstellt. Insoweit mögen zwar bestimmte Artikel des Amtsblatts die Grenzen der Staatsferne überschreiten. Das kann jedoch nicht als ausreichend angesehen werden, um von einem Rechtsverstoß auszugehen und die Veröffentlichung des Amtsblatts im Ganzen oder in Teilen  zu verbieten.

 

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 19.06.2019 14:22
Quelle: Dr. Karolin Nelles, LL.M.

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