BGH v. 18.11.2019 - VI ZR 12/19

Zulässiges Zitat aus einem Anwaltsschriftsatz

Trotz der Vorgabe eines Anwalts, bestimmte Passagen aus seinem Anwaltsschreiben an einen Zeitungsverlag nicht zu veröffentlichen, kann eine Wiedergabe von Zitaten aus diesem Schreiben aufgrund des Grundrechts der Meinungs- und Medienfreiheit zulässig sein.

Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Anwalt und hat einen bekannten Fußballer vertreten. Der beklagte Zeitungsverlag hatte sich deswegen mit einem Fragenkatalog zu bestimmten Einkommenssteuererklärungen des Fußballers an den Kläger gewandt. Der Kläger antwortete hierauf ausweichend, in dem er auf die Rechtswidrigkeit der Informationen hinwies, auf denen der Fragenkatalog basierte, da sie angeblich durch einen Hackerangriff generiert waren. Er kritisierte in diesem Zusammenhang die neue „Dimension journalistischer Verrohung“. Er schrieb ferner, dass seine Einlassungen nicht zur Veröffentlichung bestimmt seien.

In einer Folgeberichterstattung zitierte die Beklagte aus dem Schreiben des Klägers und wurde daraufhin vom Kläger auf Unterlassung in Anspruch genommen. Das Landgericht Köln gab der Klage statt, das Oberlandesgericht Köln hob das Urteil aufgrund der Berufung der Beklagten auf. Hiergegen legte der Kläger Revision ein.

Die Gründe:
Die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Laut BGH steht dem Kläger schon kein Unterlassungsanspruch zu. Es bestehen bereits Zweifel an einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Da keine Beeinträchtigung der Darstellung des Klägers in der Öffentlichkeit gegeben sei und auch seine zitierten Aussagen nicht verfälschend oder sinnentstellt wiedergegeben seien, käme nur eine Beeinträchtigung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung in Betracht. Dieses könnte insoweit betroffen sein, als ein Autor selbst über die Veröffentlichung seines Schreibens bestimmen darf.

Bei dem Schreiben handelt es sich aber nicht um private Kommunikation. Ferner gibt es in diesem Zusammenhang kein Recht, durch einseitige Erklärung über eine Veröffentlichung zu bestimmen. Darüber hinaus muss hier der Meinungs- und Medienfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG Rechnung getragen werden, wonach auch eine wörtliche Wiedergabe von Phrasen des Schreibens gerechtfertigt gewesen ist.
 

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 19.02.2020 14:29
Quelle: Dr. Karolin Nelles LL.M., Kanzlei Schindhelm Frankfurt

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