VG Berlin v. 13.11.2020 - 27 K 34.17 (nicht rechtskräftig)

Auskunftspflicht des Kanzleramts zu sog. Hintergrundgesprächen

Ein Pressevertreter hat ein Recht gegenüber dem Bundeskanzleramt, Informationen über sog. Hintergrundgespräche aus dem Jahr 2016 zu erhalten.

Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Journalist einer Tageszeitung. Er hatte das Bundeskanzleramt aufgefordert, ihm Auskunft über Hintergrundgespräche zu geben. Hintergrundgespräche sind Treffen zwischen Vertretern des Kanzleramts und Medienvertretern, bei denen aktuelle Themen besprochen werden. Zwischen den Teilnehmern wird Vertraulichkeit vereinbart, aus solchen Treffen wird in der Regel in den Medien nicht zitiert. Der Kläger selbst war an keinem dieser Hintergrundgespräche beteiligt.

Der Kläger begehrt insbesondere Datum, Veranstaltungsort, Teilnehmer und Themen sowie Informationsinhalte dieser 2016 stattfindenden Hintergrundgespräche zu erfahren. Ferner möchte er wissen, an wie vielen dieser Gespräche die Bundeskanzlerin teilgenommen hat.

Der Kläger hatte 2016 zunächst einen Eilantrag gestellt und war mit diesem vor dem VG Berlin erfolgreich gewesen (VG Berlin, 22.12.2016, 27 L 369.16). Das OVG hatte den Beschluss jedoch insbesondere mangels Eilbedürftigkeit kassiert (OVG Berlin-Brandenburg, 08.03.2017, OVG 6 S 1.17). Daher leitete der Kläger das Hauptsacheverfahren ein.

Die Gründe:
Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben. Es ist ein presserechtlicher Auskunftsanspruch (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG) gegeben. Schutzwürdige Interessen der öffentlichen Stellen, Unternehmen oder Privatpersonen, insbesondere die vereinbarte Vertraulichkeit oder Belange der inneren Sicherheit, stehen dem Anspruch nicht entgegen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz der Verfassung gebietet es, Medien bei der Vergabe amtlicher Informationen gleich zu behandeln.

Es kann davon ausgegangen werden, dass die gewünschten Informationen bei der Beklagten vorliegen und dass eine Zusammenstellung dieser keinen großen Verwaltungsaufwand verursacht. Der Auskunftsanspruch beschränkt sich auf die bei der informationspflichtigen Stelle tatsächlich vorhandenen Informationen. Dazu zählt aber auch das nicht dokumentierte dienstliche Wissen von Mitarbeitern.

Die Kammer hat die Berufung zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zugelassen.

Verlag Dr. Otto Schmidt vom 20.11.2020 09:41
Quelle: Dr. Karolin Nelles LL.M., Kanzlei Schindhelm Frankfurt a.M.

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