Aktuell in der AfP

Funktionsschutz für die äußerungsrechtliche Unterlassungsverpflichtungserklärung (Lehr, AfP 2020, 478)

Äußerungsrechtliche Unterlassungsverpflichtungserklärungen müssen die betroffene Äußerung wiedergeben. Die Wiedergabe darf nicht dadurch umgangen werden, dass allein eine strafbewehrte Verpflichtung erklärt wird, in Zukunft in konkret mitgeteilter anderer Weise zu berichten. Eine solche Praxis ist mit dem Bestimmtheitsgrundsatz und mit der Öffentlichkeits- und Rehabilitierungsfunktion der Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht vereinbar.

1. Fragestellung
2. Anforderungen an die Unterlassungsverpflichtungserklärung

a) Uneingeschränktheit
b) Bestimmtheit
c) Öffentlichkeitsfunktion
3. Fazit


1. Fragestellung

1
In äußerungsrechtlichen, insb. presserechtlichen Streitigkeiten folgt auf die ausführlich begründete Abmahnung  in der Regel entweder eine begründete Ablehnung des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs durch den sich Äußernden  oder die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung. In der Praxis erfolgt die Unterlassungsverpflichtungserklärung häufig nach dem vom BGH so benannten „Hamburger Brauch“  in folgender Form:

2
„Hiermit verpflichtet sich [Anspruchsgegner] gegenüber [Anspruchsteller], es bei Meidung einer vom Gläubiger im Einzelfall festzusetzenden, ggf. von dem zuständigen Gericht zu überprüfenden, Vertragsstrafe künftig zu unterlassen, zu behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, ...“

3
Nach dieser Einleitung werden die unterlassungspflichtigen Äußerungen, also die unrichtigen Tatsachenbehauptungen oder die rechtswidrigen Herabsetzungen, möglichst wörtlich oder sinngemäß in der Unterlassungsverpflichtungserklärung wiedergeben, ergänzt um die Bezugnahme auf die konkrete Verletzungshandlung durch die Formulierung

„... ,wie geschehen in ... vom ... unter der Überschrift‚ ...‘.“

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Für die von rechtswidrigen Äußerungen betroffenen Personen, Unternehmen oder Institutionen ist mit Zugang einer solchen Unterlassungsverpflichtungserklärung der Vorteil verbunden, dass die ansehensrelevanten Verbote in einem Dokument zusammengefasst formuliert werden. Dieses entlastende Dokument kann im privaten oder geschäftlichen Verkehr sowie im relevanten gesellschaftlichen Umfeld vorgelegt werden. Hierdurch wird auch die Wiederherstellung der durch die rechtswidrigen Äußerungen häufig massiv verletzten Reputation des Betroffenen bewirkt und verstärkt. Die Wirkung der reputationsschädlichen Berichterstattung kann auf diese Weise erheblich relativiert werden. Die Vorlage einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung kommt insb. gegenüber Geschäftspartnern, Kunden, Kollegen und persönlichen Bekannten und Freunden zur Anwendung. Gerade wenn zum Thema der rechtswidrigen Berichterstattung eine öffentliche Diskussion oder Auseinandersetzung beginnt oder bereits stattfindet, dient der Hinweis auf eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung oft der Vermeidung einer Folgeberichterstattung und einer weiteren Skandalisierung.

5
Zugleich ist mit der Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung unweigerlich ein Ansehensverlust für den sich Äußernden, etwa für die Redaktion, den Verlag oder ...



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 19.01.2021 12:10
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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