Aktuell in der AfP

Barrierefreiheit - Wie weit reicht das Recht auf Information für Hörbehinderte und Gehörlose? (Drygala/Fiebig, AfP 2021, 107)

Der Beitrag beschäftigt sich mit der Barrierefreiheit und dem Recht auf Information für Hörbehinderte und Gehörlose. Dabei geht es primär um den Einsatz von Gebärdensprachdolmetscher:innen im Fernsehen. Die Hörbehinderten und Gehörlosen beklagen seit langem, dass zu wenige Sendungen davon begleitet werden. In der letzten Zeit hat sich diese Diskussion aber auch auf das „Wie“ der Einblendung von Gebärdensprachdolmetscher:innen ausgeweitet.

I. Hintergrund
II. Recht auf Information?

1. Art. 5 GG
2. § 3 Abs. 2 RStV
a) Technische Voraussetzungen
b) Finanzierung
III. Umsetzung des Rechts auf Information für Hörbehinderte und Gehörlose
IV. Anspruch auf sofortige Umsetzung der  Information?
V. Grundrecht der Rundfunkanstalten
VI. Verpflichtung des Veranstalters bei Pressekonferenzen
VII. Fazit


I. Hintergrund

1
Bis Ende Februar 2020 gab es so gut wie keine behördlichen barrierefreien Informationen zum Thema Corona. Die Behörden hatten Menschen mit Behinderungen nicht berücksichtigt: Weder gab es Informationen in Leichter Sprache noch Übersetzungen in Gebärdensprache. Die Hotlines für Gesundheitsfragen waren ausschließlich Telefon-Nummern.

2
In TV-Nachrichten in anderen Ländern konnten regelmäßig Dolmetscher:innen für Gebärdensprache, die direkt neben dem:der Redner:in oder im TV-Bild räumlich etwas versetzt standen, verfolgt werden. Nur in Deutschland bislang nicht. Allein die Senatskanzlei Hamburg veröffentlichte am 27.2.2020 ein erstes behördliches Video mit Informationen zum Corona-Virus in Deutscher Gebärdensprache.

3
Der Deutsche Gehörlosen-Bund e.V. und weitere Gehörlosen-Regionalverbände wiesen in Stellungnahmen auf den fehlenden Zugang zu gesundheitlichen Informationen über das Corona-Virus in Gebärdensprache und mit Untertiteln hin. Kein Zugang zu Informationen in Deutscher Gebärdensprache bedeutet für gehörlose Menschen Unsicherheit, Ängste und Sorgen – solche Informationsdefizite sollen nicht länger hingenommen werden.

4
Eine Aktionsgruppe „Blitzaktion Corona“  wurde initiiert, die ein Videobeitrag „Coronavirus – Risiken durch Ignoranz in puncto Aufklärung in Gebärdensprache“ ins Netz stellte, um auf das permanente Problem – kein Zugang zu Informationen für gehörlose und hörbehinderte Menschen wie im Fall „Coronavirus“ – aufmerksam zu machen und die Politik sowie die Öffentlichkeit für die Problematik zu sensibilisieren.

5
Obwohl Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention 2009 ratifiziert hat, ist vom Staat bis jetzt keinerlei Verantwortung dafür übernommen worden, barrierefreien Zugang zu Informationen in Deutscher Gebärdensprache (DGS), wie z.B. das Hinzuziehen von Dolmetscher:innen für Laut – und Gebärdensprache bei Pressekonferenzen der Bundesregierung, Dolmetscher:inneneinblendungen in den Medien u.a., zu gewährleisten.

6
Stellungnahmen aus der Pressestelle des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG), des Staatssekretärs und Sprechers der Bundesregierung sowie des Robert-Koch-Instituts (RKI) verwiesen bisher auf „Wir bemühen uns, künftig ...“ oder darauf, dass Videos im Internet nachträglich in Gebärdensprache hinterlegt werden sowie, dass die HTML-Seiten nach BITV 2.0 barrierefrei sind. Die Antworten sind nicht zufriedenstellend, denn es ging ...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 19.05.2021 16:54
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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