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Sagen, was ist... im Metaversum - Zukunft des Medienrechts, Medienrecht der Zukunft? (Lewinski, AfP 2023, 285)

Der journalistische Grundsatz: „Sagen, was ist“, ist im Metaversum in Gefahr, denn es ist in einer virtuellen Welt nur schwer festzustellen und nicht leicht zu „sagen, was ist“. Nach einer kurzen Einleitung und Definition von Journalismus (I.1.) – wichtig für das, was „[s]agen“ meint – und was „das Metaversum“ (I.2.) mal werden mag – wichtig für das, „was ist“ – versucht dieser Beitrag, die verschiedenen Konstellationen (I.3.) und die noch nicht vorhandenen Regelungen für ein noch nicht existierendes Medienphänomen zu beschreiben (II.), um so ein Medienrecht im Metaversum zu skizzieren.

I. Journalismus und Metaversum
1. Journalismus
2. Metaversum
a) Definitionsansätze
b) Elemente
aa) Virtualität
bb) Ich-Perspektive
cc) Interaktion mit der echten Welt
dd) Synchronizität, Linearität, Persistenz
ee) Interoperabilität
ff) Unbegrenzte Kapazität
c) Medienrechtliche Arbeitsdefinition des Metaversums
3. Journalismus im Metaversum
a) Journalismus über das Metaversum
b) Journalismus in das Metaversum hinein
c) Journalismus aus dem Metaversum heraus
d) Journalismus im Metaversum
4. Medienrecht und Metaversum
II. Rechtsfragen des Journalismus im Metaversum
1. Recherche
a) Recherchemethoden
b) Zugangsmöglichkeiten
2. Redaktion
a) Wahrhaftigkeit und Objektivität
b) Formatierung der Geschichte
3. Veröffentlichung
a) Individuelles Nutzererlebnis
b) Werbung
c) Immaterialgüter
4. Verbreitung
5. Inhaltekonsum
a) Jugendschutz
b) Nutzertracking
c) Gesundheit und Wohlbefinden
III. Medienrecht (in) einer virtuellen Zukunft


I. Journalismus und Metaversum

1. Journalismus

1
„Sagen, was ist“ ist das Motto des SPIEGEL und ein berühmtes Wort seines Gründers, Rudolf Augstein (1923–2002). Es ist die denkbar knappste Fassung dessen, was Journalismus ist. Das angelsächsische Äquivalent hierzu ist das „Facts are sacred“ des berühmten Verlegers und Herausgebers des „Guardian“, CP Scott. So verstandener Journalismus ist im Metaversum schwierig.

2
Bevor Journalismus im Metaversum (rechtlich) eingeordnet werden kann, ist zu bestimmen, was Journalisten ausmacht. Konvergenz im Medienbereich hat überkommene, recht trennscharfe Unterscheidungen aufgeweicht. Heute ist es jedermann möglich, online selbst die Welt zu erreichen. Die Grenzlinie zwischen Journalisten und sonstigen Personen (etwa Aktivisten oder Selbstvermarktern) verschwimmt.

3
Weil es keine formalen (Zulassungs-)Voraussetzungen für den Beruf des Journalisten gibt, kommt es auf „Journalismus“ im Sinne einer Tätigkeit an. Und weil auch die mediale Form nicht entscheidend ist, ist maßgeblich, ob journalistische Grundsätze gelten, also insb. die Unabhängigkeit, Wahrhaftigkeit oder Sorgfalt. Wer sich selbst diesen Standards unterwirft, ist „Journalist“, jedenfalls im Rechtssinne (und genießt damit gewisse rechtliche Vorteile).

2. Metaversum

a) Definitionsansätze

4
Der Begriff „Metaversum“ in seiner heutigen Bedeutung wurde zuerst in der eskapistischen Science-Fiction-Erzählung „Snow Crash“ von Neal Stephenson verwendet. Er besteht aus zwei Wortteilen, „Meta“ und „[Uni-]versum“. Ein Verständnis, auf das sich heute die meisten wohl einigen können, ist, dass das Metaversum „ein Spiegel der wirklichen Welt in die digitale“ sein soll.

5
Stand heute existiert das Metaversum jedoch noch nicht, allgemein wird ein Durchbruch in den kommenden fünf bis zehn Jahren erwartet, wenn die entsprechenden Endgeräte in größerer Zahl den Massenmarkt erreicht haben. Es ist bereits mehr als nur eine Idee, denn das Konzept virtueller Realität(en) ist auf verschiedenen Internetplattformen und v.a. in Computerspielen („Fortnite“, „Roblox“, „Minecraft“, „The Sandbox“) bereits erprobt – letzteres gilt, neben Erwachsenunterhaltung, als guter Indikator für die Marktakzeptanz von Mensch-Maschine-Schnittstellen. Jedenfalls wird das Metaversum von einigen Unternehmen als ein vielversprechendes Geschäftsfeld betrachtet, wie die Umbenennung von Facebook zu Meta zeigt und auch die Einführung von Apples „Vision Pro“.

b) Elemente
6
Weil es noch keine allgemein akzeptierte Definition des Metaversums gibt, besteht auch keine Übereinstimmung über das, was die wesentlichen und die notwendigen Elemente von Metaversen sind, was sie sein sollten und was sie wahrscheinlich sein werden. Was man aber derzeit schon erkennen kann, sind ungefähre Umrisse und vielleicht auch ein Idealtypus.

aa) Virtualität
7
Allgemein einig ist man sich darüber, dass das Metaversum als eine virtuelle Welt gebaut sein wird, die so aussieht, so klingt, sich (mehr oder minder) so anfühlt wie die echte Welt – vielleicht sogar wie eine bessere Version der Welt. Mit einer Kombination aus Hardware und Software wird den menschlichen Sinnen vorgegaukelt, man sei...
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 18.09.2023 11:42
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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