Heft 5 / 2023

In der aktuellen Ausgabe AfP Heft 5 (Erscheinungstermin: 20. Oktober 2023) lesen Sie folgende Beiträge und Entscheidungen.

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Aufsätze

Knothe, Matthias, Der EMFA – Lackmustest für das EUZBLG, AfP 2023, 377-383

Den Bereich der europäischen Medienpolitik der Länder betreuen seit vielen Jahren die Länder Bayern, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein. In der langen Zeit der Zusammenarbeit mit Herrn Dr. Hammann als Rundfunkreferent/Abteilungsleiter des Landes Rheinland-Pfalz teilten wir das gemeinsame Interesse an diesem Themenbereich. Hierbei waren zwei Punkte für Dr. Hammann ganz besonders wichtig: Die Durchsetzung der nationalen Gesetzgebungskompetenz der Länder für den Bereich des Rundfunks auch auf europäischer Ebene und der Schutz der nationalen Rundfunkordnung vor der europäischen Rechtssetzung. Beides hat Dr. Hammann bis zu seinem Tode mit unermüdlichem Einsatz verfolgt, ihm seien deshalb die nachfolgenden Ausführungen gewidmet. Dazu sollen die geschichtliche Entwicklung (I.), die Entstehung des EUZBLG (II.) und die Umsetzung bei dem EMFA (III.) dargestellt und zusammenfassend bewertet werden (IV.).

Dörr, Renate / Weber, Peter, Der European Media Freedom Act (EMFA) und seine Bedeutung für die nationale Medienregulierung, AfP 2023, 383-388

Der EMFA wird vielfach als unzulässiger bzw. unangemessener Eingriff in die nationalen Gesetzgebungskompetenzen kritisiert. Dabei respektiert er – nach den vorläufigen Änderungen durch den europäischen Gesetzgeber (Stand September 2023) – nicht nur die im Amsterdamer Protokoll festgehaltene Kompetenz des nationalen Gesetzgebers zur Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, sondern sichert auch grundlegende Prinzipien des deutschen Rundfunkverfassungsrechts zu seiner Unabhängigkeit und bedarfsgerechten Finanzierung ab. Das ist angesichts der zu beobachtenden wachsenden staatlichen Einflussnahme in einigen europäischen Ländern ein wichtiger Beitrag für die Sicherung der Demokratie in Europa.
Dr. Harald Hammann, dem dieser Beitrag gewidmet ist, war über Jahrzehnte als Rundfunkreferent in Rheinland-Pfalz und Koordinator der Medienpolitik in den Ländern ein Verfechter eines starken und unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Dabei war er sich der unterschiedlichen Rollen von privaten Sendeunternehmen und öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im dualen System sehr bewusst. In dieser Funktion war er im besten Sinne ein “Brückenbauer“, der sich um die Rundfunkgesetzgebung verdient gemacht und darüber hinaus maßgeblich den Auftrag des öffentlichen Rundfunks gerade in der digitalen Welt mitgestaltet und modernisiert hat. Unter seiner Federführung wurden nicht nur der Online-Auftrag des öffentlich- rechtlichen Rundfunks mit dem Drei-Stufen-Test entworfen, sondern auch seine stärkere Loslösung von der linearen Ausstrahlung kodifiziert. Die Einführung von Telemedienänderungskonzepten und die Flexibilisierung des Auftrags mit der Möglichkeit, u.a. bestimmte lineare Angebote zu verändern bzw. in rein digitale Telemedienangebote zu überführen, wurde unter seiner Ägide gestaltet.
Auch in Verfahren vor dem BVerfG wie bspw. zum ZDF-Staatsvertrag oder zur Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit des Rundfunkbeitrags hat er sich für die Anliegen eines unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunks und seiner politikunabhängigen, bedarfsgerechten Finanzierung eingesetzt.
Dabei war er ein äußerst kompetenter Gesprächspartner und Experte des Medienrechts, der für die Anliegen des Rundfunks nicht nur stets ein offenes Ohr hatte, sondern sie auch aufgenommen hat und sachgerechten und ausgewogenen Lösungsansätzen zuzuführen wusste. Der Beitrag greift damit auch Grundanliegen von Dr. Harald Hammann auf.

Kreißig, Wolfgang, Unabhängigkeit und Staatsferne der Medienaufsicht, AfP 2023, 389-393

Vor allem der Regulierungsbedarf bei großen globalen Plattformen, aber auch kritische Entwicklungen der Medienfreiheit in einigen EU-Mitgliedsstaaten haben in den letzten Jahren zu Gesetzgebungsaktivitäten im Schnittstellenbereich der Gesetzgebungskompetenzen von Bund und Ländern sowie Europa geführt. Der Beitrag geht auf die Bedeutung des medienrechtlichen Grundsatzes der Unabhängigkeit und Staatsferne der Medienaufsicht ein und nimmt eine kritische Bewertung der dargestellten Gesetzgebungsaktivitäten unter diesem Gesichtspunkt vor.
Dieser Aufsatz ist meinem sehr geschätzten Kollegen Harald Hammann gewidmet in Erinnerung an unsere langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit in verschiedenen Funktionen und in vielen medienrechtlichen und medienpolitischen Fallgestaltungen, die neben außergewöhnlicher fachlicher Kompetenz und hohem Engagement in der Sache stets geprägt war von einem zugewandten und wertschätzenden persönlichen Miteinander.

Natt, Alexander / Oster, Eva, Medienstaatsverträge – ein Plädoyer für das Regelungsinstrument der Länder, AfP 2023, 393-398

Staatsverträge sind eine Form intraföderaler Kooperation, die sich in verschiedenen Regelungsbereichen finden lässt. Am Beispiel der medienrechtlichen Staatsverträge werden in diesem Beitrag die Komplexität, die Auswirkungen auf die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern sowie die Herausforderungen dieses Regelungsinstruments dargestellt.
Medienstaatsverträge – kaum jemand stand mehr für diese Form der bundeseinheitlich geltenden Regelungswerke in der Kompetenz der Länder ein, als Dr. Harald Hammann. Kritiker aus der Bundesverwaltung, die stets bemüht waren zu erklären, warum eine Bundesregelung den Regelungszweck besser erfüllen könnte, erteilte er seit jeher eine Absage. Von der Notwendigkeit und den Herausforderungen einheitlicher Länderregelungen könne keinesfalls auf eine geeignetere Bundesregelung samt -kompetenz geschlossen werden. Vielmehr war sein Credo: All das, was die 16 Regierungschefinnen und Regierungschefs unterschiedlichster Parteizugehörigkeiten in der Rundfunkkommission der Länder einen, hat eine breite demokratische Akzeptanz, die ihresgleichen sucht. Denn nur diese Regelungen werden in 16 Ländern durch 16 Parlamente teils kontrovers erörtert, geprüft und in der Folge wird diesen Regelungen bestenfalls ebenfalls in 16 Parlamenten zugestimmt. Mehr demokratische Legitimation kann es folglich nicht geben.
So betrachtet sind Staatsverträge – wenn es gut läuft – Ausdruck eines “kooperativen Föderalismus“ (vgl. zum Begriff Kunze, Kooperativer Föderalismus in der Bundesrepublik, 1968, S. 1; Eggerath, Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag der Länder, 2016, S. 40; Kewenig, AöR 1968, 433, 442) in seiner besten Form.
Aber an welche Grenzen stößt die Medienregulierung der Länder, wenn kein Konsens mehr zwischen ihnen gefunden werden kann, wie dies zuletzt bei der gescheiterten Anpassung des Rundfunkbeitrags im Rahmen des Ersten Medienänderungsstaatsvertrags geschehen ist? Wie kann diese Form der länderübergreifenden Zusammenarbeit auch zukünftig noch Bestand haben? Es ist Zeit für eine (selbst-)kritische Analyse.

Ukrow, Jörg, Anmerkungen zum Rücksichtnahmegebot als ungeschriebenem Grundsatz des Medienrechts, AfP 2023, 398-401

Das Gebot wechselseitiger Rücksichtnahme prägt als Grundton eine Vielzahl von Regulierungssystemen – einschließlich der Medienregulierung. Digitalisierung und Globalisierung scheinen Entgrenzungen wie Enthemmungen des demokratischen Diskurses zu befördern, die mit diesem Gebot kollidieren. Aber auch eine gewisse Gleichgültigkeit im Mehrebenensystem der Organisation von Gemeinwohlbelangen gegenüber Akteuren vermeintlich nachgeordneter Ebenen belastet die gebotene Rücksichtnahme. Der Beitrag plädiert deshalb für ein zweifaches “wehret (mehr) als den Anfängen“ – sowohl mit Blick auf föderale als auch mit Blick auf grundwertebezogene Fundamente unserer Verfassungsordnung.
Für den Verfasser wird Dr. Harald Hammann, dessen Gedenken dieser Beitrag gewidmet ist und mit dem der Verfasser über ein Jahrzehnt als Rundfunkreferent kollegial zusammenarbeiten durfte, mit dem Bleistift verbunden bleiben, der zum Einsatz kam, wenn einer der zahllosen Rundfunkänderungsstaatsverträge erarbeitet wurde: Nichts war festgezurrt, so lange nicht ein Konsens im Länderkreis erreicht war. Der Bleistift von Harald Hammann war das Symbol der Rücksichtnahme auf eine noch zu findende Einmütigkeit.

EGMR-Rechtsprechung

Ramelli, Sebastian, Serbien: Sanktionierung wegen Ausstrahlung von Fernsehnachrichten und Veröffentlichung eines angeblich diffamierenden Online-Artikels, AfP 2023, 402

Ramelli, Sebastian, Republik Moldau: Sanktionierung einer Richterin wegen verfrühter Weitergabe von Informationen an Medien, AfP 2023, 402-403

Blick nach Brüssel

Eickemeier, Dominik / Strohmenger, Annika, Stand: 1.10.2023, AfP 2023, 404-406

Medienkartellrecht

Jäger, Martin, Stand: 1.10.2023, AfP 2023, 406

Nachrichten

Mann, Roger, Prof. Dr. Gerald Spindler – Ein Nachruf, AfP 2023, 406-407

Eicher, Hermann, Der Tellerjongleur - Nachruf für Dr. Harald Hammann, AfP 2023, 407

Libor, Christine, Europäischer Rechtsrahmen für KI, AfP 2023, 407-408

Libor, Christine, Referentenentwurf für ein Digitale-Dienste-Gesetz, AfP 2023, 408

Libor, Christine, Gesetzentwurf zur audiovisuellen Dokumentation von Strafverfahren, AfP 2023, 408

Libor, Christine, BVerfG: Änderung der Vorabinformationspraxis, AfP 2023, 408

Libor, Christine, Gutachten zur Ausgestaltung eines steuerlichen Anreizmodells für die Filmwirtschaft, AfP 2023, 408-409

Libor, Christine, Verwertungsgesellschaft der Hersteller von Games, AfP 2023, 409

Entscheidungen

BGH v. 1.8.2023 - VI ZR 308/21, Sinndeutung der Äußerung “Ehe-Tragödie“, AfP 2023, 409-410

BGH v. 13.7.2023 - I ZR 152/21, Keine generelle Wettbewerbswidrigkeit eines kommunalen Stadtportals – muenchen.de, AfP 2023, 410-416

BGH v. 20.6.2023 - VI ZR 262/21, Unzulässige Verdachtsberichterstattung über Botschafter, AfP 2023, 417-422

BGH v. 6.6.2023 - VI ZR 309/22, Unzulässige Filmberichterstattung über verjährte Kindesentführung, AfP 2023, 422-427

BGH v. 16.5.2023 - VI ZR 116/22, Zulässige Tagebuch-Zitate, AfP 2023, 427-436

OLG Hamm v. 27.4.2023 - 4 U 247/21, Keine Panoramafreiheit für Drohnenaufnahmen urheberrechtlich geschützter Werke, AfP 2023, 436-440

OLG Hamburg v. 22.11.2022 - 7 U 74/18, Zulässige Bezeichnung einer Publikation als “Lügenpresse“, AfP 2023, 440-442

Bayerischer VGH v. 17.7.2023 - 7 BV 22.2642, Kein Entfallen der Rundfunkbeitragspflicht wegen mangelnder Programm- und Meinungsvielfalt, AfP 2023, 442-445

OVG Mecklenburg-Vorpommern v. 11.7.2023 - 1 M 287/23, Darlegungserfordernis bei Beschwerde gegen Auskunftsverpflichtung, AfP 2023, 445-447

LG Koblenz v. 1.9.2023 - 9 O 311/22, Kein fliegender Gerichtstand bei negativer Feststellungsklage im Äußerungsrecht, AfP 2023, 447-448

LG Kaiserslautern v. 11.8.2023 - 2 O 504/23, Zulässige Berichterstattung über nicht rechtskräftige Verurteilung, AfP 2023, 449-451

LG Berlin v. 27.7.2023 - 4 O 29/23, Anspruch auf Zugang zu Veranstaltungen des Bundespressekonferenz e.V., AfP 2023, 451-455

LG Frankfurt v. 22.6.2023 - 2-03 O 228/23, Zulässigkeit eines kritischen Kommentars auf Twitter – #DubistEinMann, AfP 2023, 455-459

LG Hamburg v. 12.4.2023 - 324 O 96/23, Zulässige Meinungsäußerungen über Lederverarbeitung, AfP 2023, 459-460

ArbG Rostock v. 19.7.2023 - 4 BV 20/22, Kein Beteiligungsrecht bei Versetzung des Redakteurs vom Homeoffice zum Desk, AfP 2023, 460-463

VG Minden v. 16.8.2023 - 1 L 729/23, Geltung der Pressefreiheit auch für YouTuber und Blogger, AfP 2023, 463-467

Buchbesprechungen

Liesem, Kerstin, Gostomzyk/Jürgens, Böhmermann, Künast, Rezo – Medien- und Internetrecht in 20 Fällen, 2023, AfP 2023, 467-468

Verlag Dr. Otto-Schmidt vom